(prejus) Oberlandesgericht Hamm: Grundbuchamt darf annehmen, dass eine 59-jährige Frau noch schwanger werden kann
Bestimmt ein Erbvertrag bereits vorhandene und auch künftige Kinder einer Erbin zu Nacherben, kann das Grundbuchamt bei der Umschreibung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks auf die mittlerweile 59 Jahre alte Erbin auch im Hinblick auf eine künftige Schwangerschaft der Erbin noch auf der Aufnahme eines Nacherbenvermerks in das Grundbuch zu bestehen haben. Ein solcher Vermerk sichert zugunsten des Nacherben den Erwerb des Grundstücks bis zum Eintritt des Nacherbfalls. Das hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15.12.2015 entschieden und damit den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Ibbenbüren bestätigt.
Die 1956 geborene Beteiligte aus Münster ist die Tochter der 2015 im Alter von 89 Jahren verstorbenen Erblasserin aus Hörstel. 1959 schlossen Mutter und Tochter einen Erbvertrag ab, mit dem die Mutter ihre Tochter zur Erbin einsetzte. Zugleich bestimmten sie den Sohn der Beteiligten und für den Fall, dass die Tochter weitere leibliche Kinder bekommt, sämtliche Kinder zu gleichen Teilen zu Nacherben. Nach dem Tode der Mutter beantragte die Beteiligte die Umschreibung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks in Riesenbeck auf sie als Eigentümerin. Dabei versicherte sie, abgesehen von ihrem Sohn, der auf seine Eintragung als Nacherbe im Grundbuch verzichtet habe, keine weiteren Abkömmlinge zu haben. Im Grundbuchverfahren erklärte sie zudem, auch zukünftig keine (künstliche) Befruchtung zu planen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Grundbuchamt den Antrag, die Beteiligte ohne Nacherbenvermerk als Eigentümerin des Grundstücks ins Grundbuch einzutragen, zurück. Die zukünftige Geburt von Kindern könne – so das Grundbuchamt – nicht ausgeschlossen werden.
Die von der beteiligten Tochter gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben. Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Die Beteiligte sei, so der Senat, nicht ohne Nacherbenvermerk als Grundstückseigentümerin einzutragen. Nach der erbvertraglichen Erbeinsetzung seien auch später geborene leibliche Kinder der Beteiligten als Nacherben zu berücksichtigen. Mit den im grundbuchrechtlichen Antragsverfahren zulässigen Beweismitteln lasse sich nicht nachweisen, dass der Eintritt dieser Bedingung – die Geburt weiterer leiblicher Kinder der Tochter – ausgeschlossen sei.
Den Beweis könne die Beteiligte mit in dem Verfahren als Beweismittel grundsätzlich zugelassenen Urkunden nicht führen. Es sei auch nicht offenkundig, dass die Beteiligte nicht mehr schwanger werden könne. Denkbar sei eine künstliche Befruchtung, die die Geburt eine s leiblichen Kindes zur Folge haben könne. Nach den von der Reproduktionsmedizin geschaffenen Möglichkeiten könnten heute Frauen auch jenseits der Menopause noch schwanger werden. Die Angabe der Beteiligten, dass sie eine künstliche Befruchtung in Zukunft nicht plane, gebe insoweit lediglich ihre Motivationslage wieder und stelle keine dem Nachweis zugängliche Tatsache dar.
Rechtskräftiger Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.12.2015 (15 W 514/15)
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Quelle: Aktuelle Presseerklärung weiterer NRW-Justizeinrichtungen vom 10.02.2016.