(prejus) Oberlandesgericht Hamm: Rückfahrkamera ohne Orientierungslinien ist ein Sachmangel. Die aufgrund fehlender Orientierungslinien bestehende Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera kann bei einem Mercedes Benz CLS 350 CDI einen erheblichen Sachmangel darstellen, der den Käufer zum Rücktritt vom Fahrzeugkauf berechtigt. Das hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09.06.2015 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bochum bestätigt.
Die klagende Firma aus Hattingen bestellte im März 2012 beim beklagten Autohaus in Hattingen einen Mercedes Benz, Typ CLS 350 CDI zum Preis von ca. 77.500 EUR, unter anderem mit der Sonderausstattung: Rückfahrkamera (400 EUR), aktiver Park-Assistent inklusive Parktronic (730 EUR) und Command APS (2.620 EUR). In einer der Klägerin von dem Verkauf überlassenen Verkaufsbroschüre ist in Bezug auf die Rückfahrkamera ausgeführt, dass sie sich automatisch beim Einlegen des Rückwärtsganges einschalte, den Fahrer beim Längs- und Quereinparken unterstütze und dass statische und dynamische Hilfslinien dem Fahrer Lenkwinkel und Abstand anzeigen würden.
Nach der Auslieferung des Fahrzeugs beanstandete der Geschäftsführer der Klägerin, dass die aktivierte Rückfahrkamera im Display des Commandsystems keine Orientierungslinien anzeige und erhielt die Auskunft, dass die Fahrzeugelektronik keine Anzeige von Hilf slinien ermögliche. Einen von der Beklagten angebotenen Servicegutschein i.H.v. 200 EUR lehnte die Klägerin ab und erklärte den Rücktritt vom Fahrzeugkauf.
Die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages war erfolgreich. Der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Beklagte – unter Abzug einer von der Klägerin zu entrichtenden Nutzungsentschädigung – zur Erstattung des Kaufpreises in Höhe von ca. 62.500 EUR gegen Rückgabe des gekauften Mercedes Benz verurteilt. Das Fahrzeug weise einen erheblichen Sachmangel auf, so der Senat, weil die Rückfahrkamera keine dynamischen und statischen Orientierungslinien anzeige. Diese seien geschuldet. Die Klägerin habe aufgrund des ihr überlassenen Verkaufsprospekts ein Bild der Rückfahrkamera einschließlich dieser Hilfslinien erwartet. Dass dieser Aspekt für sie bedeutsam gewesen sei, zeige die von ihr in diesem Zusammenhang gewählte kostenträchtige Zusatzausstattung.
Hinzukomme, dass der Mercedes bauartbedingt beim Blick nach hinten unübersichtlich sei und das Rückwärtsfahren wie das Einparken mit der gewählten Zusatzausstattung besonders erleichtert werde. Allein mit der ausgelieferten Rückfahrkamera seien der von der Klägerin gewählte Komfort und die Sicherheit beim Rückwärtsfahren und Einparken nicht gewährleistet. Der Mangel sei auch nicht unerheblich. Dies zeige die bewusste Entscheidung der Klägerin für die teure Zusatzausstattung, die den Schluss zulasse, dass es ihr auch auf die angebotenen Funktionen dieser Zusatzausstattung ankomme. Zudem sei die durch die fehlenden Hilfslinien bestehende Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera nicht als geringfügig anzusehen.
Rechtskräftiges Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 09.06.2015 (28 U 60/14).
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Quelle: Pressemitteilung der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26.01.2016.