(prejus) DAV begrüßt Musterfeststellungsklage. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hält die Musterfeststellungsklage für ein geeignetes Instrument, auch wenn er ein Konzept bevorzugt hätte, dass sich am KapMuG ausrichtet. Anders als im KapMuG sieht der Gesetzentwurf eine Parallelität von Musterfeststellungsklageverfahren und Individualklageverfahren vor. Ausgesetzt werden die Individualklageverfahren lediglich dann, wenn der Kläger seine Ansprüche im Klageregister anmeldet. Dadurch bleibt das Risiko divergierender Entscheidungen bestehen.
„Wichtig ist, dass es keinen Wettlauf zum Gericht gibt – wer zuerst kommt, wird der Musterkläger – sondern dass das Gericht wie im KapMuG den geeignetsten Musterkläger auswählen darf. Daher muss auch der einzelne Betroffene zur Musterfeststellungsklage befugt sein und als Musterkläger in Betracht kommen“, erklärt Dr. Rupert Bellinghausen, Mitglied des Ausschusses Zivilrecht und Vorsitzender der DAV-Arbeitsgruppe „Sammelklage“. Außerdem sollte das Musterfeststellungsverfahren nicht nur auf das Verhältnis Verbraucher – Unternehmer beschränkt werden.
Musterfeststellungsklage nicht nur für Verbraucher
Vielmehr sollte die Musterfeststellungsklage nicht nur Verbrauchern offen stehen. Von Masseschadensereignissen können auch andere Akteure, wie etwa Unternehmen, betroffen sein. Auch diese sollen den neuen Klageweg nutzen können. Gerade für Unternehmen wäre dies ein bedeutender Schritt.
Um möglichst in einem einzigen Musterfeststellungsverfahren sämtliche Feststellungsziele zu einem gleichen Lebenssachverhalt klären zu können, sollten diese gebündelt werden können. Auch der beklagten Partei sollte daher die Möglichkeit eingeräumt werden, das Verfahren um Feststellungsziele zu erweitern. Wichtig ist ferner eine Zuständigkeitskonzentration der Verfahren vor einem Gericht. Musterfeststellungsverfahren sollten nur am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten erhoben werden können. Schließlich müssen das Verhältnis der Musterfeststellungsklage zum UKlaG und KapMuG sowie kollisionsrechtliche Fragen geklärt werden.
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Quelle: Pressemitteilung Deutsche Anwaltverein vom 23.05.2018.
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Zum Hintergrund:
Gesetzentwurf zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage
In einem durch standardisierte Massengeschäfte geprägten Wirtschaftsleben hinterlassen unrechtmäßige Verhaltensweisen von Anbietern häufig eine Vielzahl gleichartig geschädigter Verbraucherinnen und Verbraucher. Gerade wenn der erlittene Nachteil im Einzelfall gering ist, werden Schadensersatz- oder Erstattungsansprüche oft nicht individuell verfolgt, da der erforderliche Aufwand aus Sicht des Geschädigten unverhältnismäßig erscheint („rationales Desinteresse“). Kommt eine Einigung der Parteien – etwa im Rahmen der außergerichtlichen Streitschlichtung – nicht zustande und sehen die Betroffenen von einer Klage ab, verbleibt der unrechtmäßig erlangte Gewinn bei dem Anbieter, der hierdurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber rechtstreuen Wettbewerbern erzielt.
Vor dem Hintergrund entsprechender Feststellungen hat sich die Europäische Kommission in ihrer Empfehlung 2013/396/EU vom 11. Juni 2013 für „Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“ (ABl. L 201 vom 26.7.2013, S. 60) ausgesprochen und diese Empfehlungen in ihrem Bericht vom 25. Januar 2018 über die Umsetzung dieser Empfehlung nochmals bekräftigt (Rats-Dok. 6043/18; Kom-Dok. COM(2018) 40 final).
Die Regierungskoalition hat sich im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode zum Ziel gesetzt, durch die Einführung einer Musterfeststellungsklage die Rechtsdurchsetzung für Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbessern.