(prejus) Scheinarbeitsverträge bei Betriebsübergang? Verhandlung am 21.08.2018 um 09.30 Uhr in Saal 106 des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf.
Die D GmbH betrieb ein reines Frühstückshotel mit 73 Zimmern ohne Restaurant und Wellnessbereich. Eigentümerin des Gebäudes war eine Pensionskasse. Nach dem Ende des Mietverhältnisses zum 30.09.2016 verweigerte die D GmbH die Rückgabe. In einem vor dem Landgericht geschlossenen Vergleich verpflichtete die D GmbH sich, die Immobile zum 30.09.2017 geräumt an die Pensionskasse herauszugeben. Die Beklagte war seit dem 01.10.2017 neue Mieterin der Immobilie und führte das Hotel fort. Mit Schreiben vom 30.06.2017 informierte sie die bei der D GmbH beschäftigten Mitarbeiter über den bevorstehenden Betriebsübergang und versuchte nachfolgend Auskunft über die bestehenden Arbeitsverhältnisse zu erlangen. Sie erhielt am 29.09.2017 Kopien von Arbeitsverträgen mit mehr als 50 Personen überwiegend ohne Anschrift in Deutschland. 32 der Arbeitsverträge wiesen den 15.09.2017 als Eintrittsdatum auf. Die überwiegende Anzahl der Verträge war auf fünf Jahre unter Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen und enthielt keine Probezeit. Nach fünf Jahren betrugen die Kündigungsfristen sechs Monate zum Quartalsende. Teilweise wiesen die Verträge weitere Leistungen, wie z.B. Frühstück, Unterkunft und Fahrtkos-tenersatz aus. Der Kläger hatte Anfang September 2017 einen Arbeitsvertrag mit der D GmbH geschlossen, wonach er zum 15.09.2017 als Zimmermädchen/Cleaner in dem Frühstückshotel eingestellt wurde. Gleichzeitig enthielt der Vertrag die Option zum Einsatz in einem konkret bezeichneten weiteren Hotel der D GmbH nach dessen Eröffnung.
Am 30.09.2017 meldeten sich zwei Personen, u.a. Herr I, bei der Beklagten und erklärten die Belegschaft zu vertreten und dass diese ihre Arbeit anbiete. Am Montag, den 02.10.2017 übernahm die Beklagte die Hotelimmobilie. Zu diesem Zeitpunkt war ca. die Hälfte der Hotelzimmer nicht geräumt und von den angeblichen Mitarbeitern belegt. Diese ca. 40 Personen waren beim Einwohnermeldeamt, um sich dort unter Anleitung von Herrn I. unter der Hotelanschrift anzumelden. Nach ihrer Rückkehr wurden sie des Hotels verwiesen und in ein anderes Hotel der D GmbH gebracht. Mit Schreiben vom 04.10.2017 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass ihrer Mei-nung nach das Arbeitsverhältnis nicht im Wege des Betriebsübergangs auf sie übergangen sei. Vorsorglich kündigte sie dem Kläger fristlos und hilfsweise fristgerecht. Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung und verlangt die Feststellung, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht. Er ist der Ansicht, der Arbeitsvertrag sei wirksam geschlossen worden und behauptet, am 29.09.2017, 30.09.2017 und 01.10.2017 im Zimmer gesäubert zu haben. Dem tritt die Beklagte entgegen. Es bestehe kein wirksamer Vertrag, denn der vorgelegte Arbeitsvertrag sei nur zum Schein in der Absicht, ihr Schaden zuzufügen, geschlossen worden.
Die 4. Kammer des Arbeitsgerichts hat die Klage abgewiesen. Selbst wenn der Arbeitsvertrag wirksam gewesen sein sollte, sei der Kläger zu keinem Zeitpunkt dem
Frühstückhotel zugeordnet und deshalb vom Betriebsübergang nicht erfasst gewesen.
Die Organisationsstruktur des Frühstückshotels habe keinen Arbeitsplatz für den Kläger
vorgesehen. In dem Hotel mit 73 Zimmern habe kein Bedarf von 30 Reinigungskräften
und einer Vielzahl von Servicekräften bestanden. Die 7. Kammer des Arbeitsgerichts
hat die Klage in einem parallel gelagerten Fall ebenfalls abgewiesen und ist davon ausgegangen, dass der Arbeitsvertrag gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sei. Er sei in kollusivem Zusammenwirken geschlossen worden, um den Hotelbetrieb durch hohe Personalkosten unattraktiv zu machen und die Beklagte zu schädigen. Die 12. Kammer des Arbeitsgerichts hat in einem weiteren Fall zwar objektiv Sittenwidrigkeit angenommen, ist aber davon ausgegangen, dass die maßgeblichen Umstände dem Kläger nicht bekannt gewesen seien. Das wirksame Arbeitsverhältnis sei trotzdem nicht auf die Beklagte übergegangen. Der Zuordnung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten stehe § 242 BGB (Treu und Glauben) entgegen. Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine Klageanträge weiter.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 8 Sa 168/18
Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 26.01.2018 – 4 Ca 5501/17
Bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf sind insgesamt sieben weitgehend parallel
gelagerte Berufungsverfahren anhängig. Die 8. Kammer verhandelt am 21.08.2018
um 09.30 Uhr ein weiteres Verfahren (8 Sa 169/18, Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil
vom 26.01.2018 – 4 Ca 5504/17). Die 11. Kammer verhandelt am 21.08.2018 um
11.30 in Saal 110 zwei weitere Verfahren (11 Sa 550/18, Arbeitsgericht Düsseldorf,
Urteil vom 18.01.2018 – 7 Ca 5513/17 und 11 Sa 551/18, Arbeitsgericht Düsseldorf,
Urteil vom – 12 Ca 568/17).
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Quelle: Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. August 2018.
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