Eine in der Praxis immer wieder gestellte Frage
Können Zuschläge für besondere Belastungen (Auslandsverwendungszuschlag pp.) von Bundeswehrsoldaten beim Unterhalt angerechnet werden?
(anwalt-suchportal) Ein Unterhaltsanspruch setzt auf Seiten des Unterhaltsberechtigten Bedarf und Bedürftigkeit, auf Seiten des Antragsgegners Leistungsfähigkeit, voraus. Bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens wird bei anhängig Beschäftigten auf das Einkommen der letzten 12 Monate abgestellt, so wie sich diese aus der Gehaltsabrechnung ergeben. Sondergratifikationen, Boni und Zulagen sind grundsätzlich hinzuzrechnen. Diese erhöhen grundsätzlich das durchschnittliche Einkommen. Bei Soldaten kann davon abgewichen werden. Denn bei der Anrechnung von Auslandsverwendungszuschlägen gelten Besonderheiten.
OLG Frankfurt: Nur teilweise Anrechnung Auslandsverwendungszuschlag
So entscheid das OLG Frankfurt mit Urteil vom 07.12.2012, dass der Auslandsverwendungszuschlag, den ein in Afghanistan eingesetzter Berufssoldat bezieht, nicht in voller Höhe zum unterhaltsrechtlich maßgebenden Einkommen hinzuzurechnen ist.
OLG Hamm: Anrechnung jeweils nach Gefahrenlage
Das OLG Hamm (Urteil vom 18.12.2009) vertritt gleichermaßen die Auffassung, dass bei Einsätzen in Kriegs- und Krisengebieten die mit einem solchen Einsatz typischerweise verbundenen Beschwernisse und persönlichen Gefahren für Leib und Leben in einem solchen Maß überwiegen, dass dem unterhaltspflichtigen Soldaten der Auslandsverwendungszuschlag grundsätzlich erhalten bleiben soll. Zuschläge werden demnach je nach Gefahrenlage anrechnungsfrei belassen (vgl. OLG Schleswig, NJW-RR 2005, 3 ff.: zu 1/2 anrechnungsfrei; OLG Hamm, NJW-RR 2010, 508 ff.: zu 2/3 anrechnungsfrei).
Das OLG Hamm führt weiter aus, dass eine Anrechnung nur unter dem Gesichtspunkt der ersparten Aufwendungen erfolgen kann. Diese sind ähnlich wie bei Spesen und Auslösungen in der Regel mit 1/3 zu bemessen (vgl. dazu auch OLG Stuttgart, Beschluss 08.11.2001, Az. 16 WF 506/01, Rn. 4). Auch der Bundesgerichtshof vertritt die Ansicht, dass eine Anrechnung von 1/3 bis 1/2 als Einkommen je nach Einzelfall nicht zu beanstanden sei.
Beschwerlichkeit und Gefährlichkeit des Auslandseinsatzes maßgeblich
Für die genaue Höhe der Anrechnung auf den Unterhalt, kommt es im Einzelfall entscheidend auf die Beschwerlichkeit und Gefährlichkeit des Auslandseinsatzes an. Deshalb muss hier eine Unterscheidung zwischen Friedenseinsätzen und echten Kampfeinsätzen getroffen werden. Zudem kommt es auch darauf an, ob der Unterhaltsverpflichtete zu dem Auslandseinsatz verpflichtet war oder ob es sich um eine rein obligatorische Tätigkeit handelte.
Auslandsverwendungszuschlag: Ausgleich für materielle Mehraufwendungen und immaterielle Belastungen
Der Auslandsverwendungszuschlag soll alle materiellen Mehraufwendungen und immateriellen Belastungen der besonderen Verwendung im Ausland mit Ausnahme der nach deutschem Reisekostenrecht zustehenden Reisekostenvergütung abgelten. Bei den immateriellen Belastungen werden allgemeine psychische und physische Belastungen, insbesondere unter anderem Einschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit, der Privatsphäre und den Freizeitmöglichkeiten, Unterbringung in Zelten, Containern oder Massenunterkünften, erhebliche und damit potentiell gesundheitsgefährdende Mängel in Sanitär- und Hygieneeinrichtungen, Gefahr für Leib und Leben, insbesondere Terrorakte, organisierte Kriminalität, hohe Gewaltbereitschaft, bürgerkriegsähnliche und kriegerische Auseinandersetzungen berücksichtigt (ebenso OLG Thüringen, Az. 1UF 649/13).
Im Vergleich zu den bisherigen Einsätzen der Bundeswehr im Ausland, lässt die Belastung der Soldaten in Afghanistan als die bisher extremste Belastung erscheinen. Bei einem Einsatz in Afghanistan wird auf Grund dessen die höchste Stufe des Auslandsverwendungszuschlags gezahlt (vgl. § 58 a Abs. 3 BBesG).
Autor: Rechtsanawalt und Fachanwalt für Familienrecht Frank Baranowski, Siegen
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