(prejus) Die Landeshauptstadt Kiel haftet nicht für die Nutzung von Urheberrechten bei allen musikalischen Darbietungen während der „Kieler Woche“, sondern nur bei den von ihr selbst durchgeführten Musikveranstaltungen. Mit Urteilen vom gestrigen Tag wies der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes die Klagen der GEMA gegen die Stadt Kiel auf Zahlung von insgesamt rund 800.000,00 Euro zurück.
Zum Sachverhalt: Die GEMA nimmt als Verwertungsgesellschaft die musikalischen Aufführungs- und mechanischen Vervielfältigungsrechte von Urhebern wahr. Sie verlangt von der Stadt Kiel Zahlungen für die Nutzung von Urheberrechten durch musikalische Darbietungen während der „Kieler Woche“ in den Jahren 2006 bis 2012 in Höhe von rund 800.000,00 Euro. In den Jahren 1995 bis 2005 hatten die GEMA und die Stadt Kiel jeweils pauschale Lizenzverträge für eine Reihe von Musikdarbietungen während der jeweiligen „Kieler Woche“ abgeschlossen. In den Jahren 1995 bis 2005 nahm die Stadt Kiel mit Wissen der GEMA die jeweiligen Anbieter von Musikdarbietungen „in Regress“, indem sie ihnen auf der Grundlage der pauschalen Lizenzverträge anteilige GEMA-Gebühren in Rechnung stellte.
Anlässlich der „Kieler Woche“ im Jahr 2006 entschied sich die Stadt Kiel, keine weitere Pauschalvereinbarung mit der GEMA zu schließen. Sie zahlte lediglich die Gebühren für die von ihr selbst durchgeführten Musikveranstaltungen (Stadtteilfeste, Veranstaltung im Volkspark Gaarden und die entgeltlichen Konzerte auf der Krusenkoppel). Die GEMA wollte wiederum, dass die Stadt Kiel für alle Veranstaltungsflächen der „Kieler Woche“ die GEMA-Gebühren entrichtete.
Aus den Gründen: Der GEMA steht wegen der öffentlichen Wiedergabe von Musikwerken anlässlich der „Kieler Woche“ in den Jahren 2006 bis 2012 kein weiterer Zahlungsanspruch gegen die Landeshauptstadt Kiel zu. Die Landeshauptstadt Kiel ist im urheberrechtlichen Sinne nicht Veranstalterin oder Mitveranstalterin sämtlicher öffentlicher Musikdarbietungen auf allen anlässlich der „Kieler Woche“ genutzten Flächen. Sie ist nur Veranstalterin im urheberrechtlichen Sinne der von ihr selbst durchgeführten Live-Musikdarbietungen und Tonträgerwiedergaben. Ein Veranstalter muss einen maßgebenden Einfluss auf die Veranstaltung haben. Das bloße Zurverfügungstellen eines Veranstaltungsraumes oder einer Veranstaltungsfläche macht den Betreffenden noch nicht zum Veranstalter. Zwar mussten sich alle Schausteller, Stand- und Bühnenbetreiber bei dem Kieler-Woche-Büro der Stadt Kiel unter Angabe von Größe der Stände, der Produktpalette und sowie der benötigten Stromanschlüsse anmelden.
Nach Auffassung des Senats bestehen aber keine weiteren Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt Kiel in Bezug auf weitere – von ihr nicht der GEMA mitgeteilte – Konzertveranstaltungen typische Aufgaben eines Konzertveranstalters ganz oder teilweise wahrgenommen hat, indem sie etwa in den organisatorischen oder technischen Ablauf der einzelnen Musikdarbietungen eingebunden oder in finanzieller Hinsicht an solchen Konzertveranstaltungen beteiligt war. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Stadt Kiel bei den Veranstaltungen Dritter auf der „Kieler Woche“ Einfluss auf Inhalt und Ausrichtung der jeweiligen Musikprogramme hatte.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteile vom 07.12.2015 in den Verfahren 6 U 54/13 und 6 U 43/14.
Dr. Christine von Milczewski
Richterin am Oberlandesgericht
Pressesprecherin
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Quelle: Pressemitteilung Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 15/2015 vom 08.12.2015.