(prejus) Verbraucherschutzminister Markov zur Entscheidung über Einführung eines „Girokontos für alle“: „Richtig, aber bei wichtigem Punkt leider eingeknickt“ .
Potsdam – „Es wurde Zeit, dass wir Menschen, die bisher von Banken einfach fortgeschickt wurden, den Weg zu einem eigenen Bankkonto ebnen. Insofern ist die heutige Entscheidung des Bundeskabinetts ein wichtiger Schritt, den wir bereits seit langem gefordert und in unserem Koalitionsvertrag verankert hatten. Allerdings hat die heutige Entscheidung einen großen Makel: das sogenannte Basiskonto wird nicht kostenlos sein. Genau das könnte aber gerade für diejenigen, denen das Konto vor allem zugutekommen soll – den bedürftigsten Verbraucherinnen und Verbrauchern – zu einer Hürde werden. Wir als Ministerium hatten im Vorfeld die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, ob für dieses Girokonto die Kontoführungsgebühr entfallen kann, stattdessen sollen die Kundinnen und Kunden nun ein sogenanntes „angemessenes Entgelt“ bezahlen. Unsere ausführliche Stellungnahme zum Referentenentwurf hat zwar zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Konto beigetragen, doch bei diesem wichtigen Punkt ist der Bund ganz offensichtlich eingeknickt. Der Entwurf verzichtet zudem ausdrücklich darauf, das Einkommensniveau als Grundlage für die Gebühren zu verwenden. Damit weicht er von der europarechtlichen Vorgabe ab, was ich für sehr bedenklich halte. Gerade hat sich bei der Frage der Dispozinsen gezeigt, dass man sich auf solch schwammige Formulierungen nicht verlassen kann. Dabei ist ein Konto doch gerade für den Einstieg oder auch die Rückkehr ins Berufs- und Wirtschaftsleben, für Flüchtlinge oder Obdachlose von solch großer Bedeutung. Deshalb wäre es wichtig gewesen, hier wirklich alle möglichen Hürden zu beseitigen. Insofern ist der Entwurf in dieser Form auch nur ein kleiner Sieg für mehr Verbraucherschutz im Finanzbereich, da diese wichtige Frage der Kontoführungsgebühren nun den Banken selbst überlassen bleiben soll“, sagte Verbraucherschutzminister Helmuth Markov am Mittwoch nach Kabinettsentscheidung des Bundes.
Hintergrund
Mit dem Gesetzentwurf setzt die Bundesregierung Vorgaben der EU-Zahlungskontenrichtlinie um. Diese sieht vor, dass bedürftige Verbraucher, wie bestimmte Ausländergruppen oder auch Obdachlose leichter Bankdienstleistungen, wie zum Beispiel die Eröffnung eines Kontos, in Anspruch nehmen können. Künftig müssen Banken ihre Kontogebühren veröffentlichen und leicht verständlich aufbereiten. Die EU formulierte damit bereits im Frühjahr 2014 eine Art Grundrecht auf ein eigenes Girokonto. Nach offiziellen Angaben sind von der Weigerung der Banken bei ihnen ein Konto zu eröffnen rund 670.000 Menschen in Deutschland betroffen. Darunter sind beispielsweise Obdachlose, Saisonarbeiter, freie Dienstleister oder auch Gaststudenten. Aber auch für Flüchtlinge ist diese Frage von großer Bedeutung.
Quelle: Pressemitteilung MdJEV vom 28.10.2015.