(prejus) Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kinderkrippenbetreibers teilweise unwirksam. Der unter anderem für das Dienstvertragsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über einen Rechtsstreit zwischen dem Vater eines Kleinkindes (Kläger) und der Betreiberin einer Kinderkrippe (Beklagte) entschieden.
Der seinerzeit 16 Monate alte Sohn des Klägers besuchte die Krippe in der Zeit vom 9. bis zum 19. September 2013. An diesem Tag teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die Betreuung in der Einrichtung der Beklagten nicht mehr in Anspruch nehmen wolle, und bat um Rückzahlung der Kaution in Höhe von 1.000 €, die er entsprechend den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zuvor geleistet hatte. Sein Sohn habe sich in der Krippe nicht wohl gefühlt.
Die Beklagte hat der Kautionsrückzahlungsforderung des Klägers eigene Ansprüche auf Fortzahlung der Betreuungsvergütung zuzüglich Verpflegungs- und Pflegemittelpauschale für die Monate September bis November 2013 (insgesamt 1.590 €) entgegen gesetzt. Sie ist der Ansicht, die Kündigung sei erst zum 30. November 2013 wirksam geworden. Wegen der den Kautionsbetrag übersteigendem 590 € hat sie Widerklage erhoben, mit der sie überdies die Feststellung begehrt, dass der Kläger ihren Förderausfall für die Monate September bis November 2013 in Höhe von 2.495,07 € zu bezahlen habe. Hierzu hat sie vorgetragen, dass ihr die Rückzahlung kindbezogener staatlicher und kommunaler Fördermittel drohe, weil diese zur Voraussetzung hätten, dass ein regelmäßiger Besuch der Krippe durch die von der Förderung erfassten Kinder erfolge. Trotz intensiver Bemühungen sei ihr, der Beklagten, eine Nachbesetzung des freigewordenen Platzes vor dem 1. Dezember 2013 nicht gelungen.
Das Amtsgericht München hat Gegenforderungen der Beklagten in Höhe von insgesamt 1.410 € für gerechtfertigt erachtet und die Widerklage im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen eingelegten Berufungen beider Parteien sind im Wesentlichen erfolglos geblieben. Die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen beider Parteien hat der Bundesgerichtshof als unbegründet zurückgewiesen.
Nach dem Urteil des III. Zivilsenats konnte der Kläger das Vertragsverhältnis erst mit Wirkung zum 30. November 2013 kündigen. Ein jederzeitiges sofortiges Kündigungsrecht der Eltern (hier: des Klägers) nach § 627 Abs. 1 BGB* hat der Senat verneint, weil es sich bei dem Betreuungsvertrag als um ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen handelt. Sieht der (Formular-)Vertrag ein ordentliches Kündigungsrecht von zwei Monaten zum Monatsende vor, so ist dies im Hinblick auf die AGB-Kontrolle nach § 307*** BGB unbedenklich. Es ist bei einer solchen, vergleichsweise kurzen Frist auch nicht geboten, dass den Eltern für die Dauer der anfänglichen Eingewöhnungsphase – im Sinne einer „Probezeit“ – ein fristloses Lösungsrecht eingeräumt wird.
Der Bundesgerichtshof hat jedoch andere Allgemeine Geschäftsbedingungen im Vertrag der beklagten Krippenbetreiberin gemäß § 307 BGB*** wegen unangemessener Benachteiligung ihrer Vertragspartner als unwirksam angesehen. Dies gilt zum einen für die Verpflichtung der Eltern zur Leistung einer Kaution in erheblicher Höhe (hier: 1.000 €) in Form eines „Darlehens“ an den Betreiber der Kinderkrippe. Unwirksam ist ferner die vollständige Abbedingung der Möglichkeit der Eltern, von ihrer Vergütungspflicht im Fall des Annahmeverzugs einen Abzug wegen der vom Krippenbetreiber ersparten Aufwendungen nach § 615 Satz 2 BGB**** vorzunehmen; allerdings ist es zulässig, wenn vereinbarte Fest- und Pauschalbeträge stets für volle Monate zu entrichten sind. Unwirksam ist schließlich auch eine – zumal: durch Schadensersatzansprüche der Kinderkrippe sanktionierte – Verpflichtung der Eltern, ihr Kind regelmäßig in die Kinderkrippe zu bringen und dort betreuen zu lassen, da eine solche Pflicht mit dem in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Pflege- und Erziehungsrecht der Eltern unvereinbar wäre.
BGH-Urteil vom 18. Februar 2016 – III ZR 126/15
Vorinstanzen:
AG München – Urteil vom 22. Juli 2014 – 114 C 31477/13
LG München I – Urteil vom 23. April 2015 – 6 S 16379/14
* § 627 BGB (Fassung seit dem 1. Januar 2002):
Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 ist, ist die Kündigung auch ohne die in § 626** bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.
** § 626 BGB (Fassung seit dem 1. Januar 2002):
Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
*** § 307 BGB (Fassung seit dem 1. Januar 2002):
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
*** § 615 BGB (Fassung seit dem 1. Januar 2002):
1Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. 2Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. 3…
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Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 043/2016 vom 18.02.2016.
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