(prejus) Bayerns Justizminister Bausback im Bundesrat: „Gesetzentwurf des Bundes zum Sexualstrafrecht greift noch zu kurz!“.
Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback äußert sich heute im Bundesrat anlässlich eines Entschließungsantrags zur grundlegenden Reform des Sexualstrafrechts kritisch zu dem am Mittwoch im Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf der Bundesregierung: „Es steht außer Frage: Die vorhandenen Schutzlücken und Wertungswidersprüche im Sexualstrafrecht müssen beseitigt werden. Die Einsetzung der Reformkommission war hier ein richtiger und wichtiger Schritt. Auch der vom Bundesjustizminister vorgelegte Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung. Allerdings greift er noch zu kurz!“
Insbesondere lehnt Bausback die vorgesehene Streichung des besonders schweren Falls bei einer Nötigung zu sexuellen Handlungen ab. „Fälle, in denen Opfer genötigt oder erpresst werden, sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen, könnten dann nicht mehr so hart bestraft werden wie bisher“, so Bausback. „Vor allem im Bereich des Internets kommt es häufig vor, dass gerade jugendlichen Opfern mit der Veröffentlichung kompromittierender Bilder gedroht wird, wenn sie nicht sexuelle Handlungen an sich vornehmen. Für diese Fälle des sog. „Sextings“ muss das Strafrecht weiterhin eine klare und scharfe Antwort haben!“ Ein weiteres Defizit des Entwurfs sei, dass er Fälle nicht erfasse, in denen der Täter eine erheblich verminderte Widerstandsunfähigkeit des Opfers zur Vornahme sexueller Handlungen ausnutze. „Gerade zum Schutz geistig behinderter Menschen müssen solche Täter strafrechtlich belangt werden können“, betont Bausback.
Schutzdefizite sieht der bayerische Justizminister zudem bei sexuellen Belästigungen körperlicher Art, welche die sog. „Erheblichkeitsschwelle“ nicht überschreiten: „Ich denke dabei vor allem an flüchtige Griffe an die Geschlechtsteile, also das sogenannte „Begrapschen“.“ Zwar könne ein solches Verhalten häufig als Beleidigung sanktioniert werden. „Die Gerichte ziehen den Beleidigungstatbestand aber nicht selten als „Krücke“ heran, also um eine Lücke im Strafrecht zu überbrücken“, so Bausback. „Diese Lücke muss geschlossen werden. Für eine Frau ist etwa ein Griff an den Busen mehr als beleidigend. Es ist ein gravierender Eingriff in ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Das muss auch im Strafgesetzbuch klar und deutlich zum Ausdruck kommen.“
Weiter schütze das Strafrecht Opfer nicht ausreichend bei sexuellen Übergriffen, die aus Gruppen heraus oder durch Gruppen begangen werden. Bausback: „Die Ereignisse in Köln haben deutlich gemacht: Sexuelle Übergriffe durch oder aus Gruppen heraus müssen angemessen erfasst und geahndet werden. Insbesondere müssen auch „passive“ Gruppenmitglieder vom Strafrecht erfasst sein. Insofern sollten wir dringend über die Schaffung eines neuen eigenen Straftatbestandes des „sexuellen Missbrauchs aus Gruppen“ nachdenken.“
Der bayerische Justizminister abschließend: „Das grundrechtlich garantierte Recht auf sexuelle Selbstbestimmung muss effektiv geschützt werden – und zwar ohne „Wenn und Aber“. Die bislang ergriffenen Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Hier dürfen wir aber nicht stehen bleiben, sondern müssen die nächsten Schritte gehen!“
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Quelle: Pressemitteilung Nr. 38/16 des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 18. März 2016.